Sie sind jetzt hier:
Presseartikel 23.August 2009
Harzer Panorama
Chancenlos? Orte der Armut in Goslar
Ausstellung zum 20jährigen Bestehen der "Zille"
Von Trögner
GOSLAR/t.
Was es heißt, in Goslar arm zu sein, war die Frage, mit der sich Schülerinnen und Schüler des 12. Jahrgangs des Goslarer Ratsgymnasiums beschäftigt haben.
In einem Projekt erarbeiteten sie eine Ausstellung, die noch bis zum 18. September im Kreishaus in der Klubgartenstraße
zu den üblichen Öffnungszeiten gezeigt wird. Unter dem Titel „Chancenlos? Orte der Armut in Goslar" haben die 24 jungen
Menschen am ver-gangenen Dienstag präsen-tiert, was sie erarbeitet haben. Das Kooperationsprojekt ist anlässlich des
20jährigen Bestehens der „Zille", des Tagestreffs in der Mauerstraße, entstanden und beinhaltet Film, Fotoinstallationen
und die Aufbereitung statistischen Materials. Die Schüler haben mit großem Engagement ein Thema aufgegriffen, das ihnen
zuvor nicht vertraut war, das sie bislang - wenn überhaupt - nur an der Oberfläche gestreift hatten. In dem Projekt zeigen
sie ihre Sichtweisen und Erfahrungen über Orte der Armut in Goslar. Sie haben Themen ausgewählt, über die sie berichten
wollten, zum Beispiel über Kleiderkam-mern, Tafeln und den Tagestreff „Zille", sie haben sich, in mehrere Gruppen mit
jeweils eigener Handschrift aufgeteilt, für eine Form der Präsentation entschieden.
Sie haben sich auf ihre Art und Weise an Interviewpartner, Betroffene oder Institutionen herangewagt, sie haben ihre eigenen Gefühle ausgelotet und die Situation und die Befindlichkeiten ihres Gegenübers in vielen Facetten erfahren können: Offenheit , Verständnis aber auch Ablehnung und Zurückweisung, wenn manchmal „Nicht der richtige Ton getroffen wurde". Es wurde eine Ausstellung, bei welcher jedoch niemand vorgeführt wird, wie Reinhard Bruckner für den Vorstand des Fördervereins Zille bei der Vernissage sagte. Er verzeichnete und begrüßte in seinen Grußworten ein steigendes Interesse in Gesellschaft und Medien am Thema Armut und betonte die langjährige Verbundenheit zwischen Ratsgymnasium und Zille. Der Chor der Schule ist bei den Weihnachtsfeiern des Tagestreffs seit langem ein gern gesehener Gast. Insbesondere Evelin Vopel, die die Zille von Beginn an leitet und somit auch „20jähriges" feiert, ist von der Musik immer wieder begeistert. Dafür - und natürlich für das Interesse und Engagement der Schülerinnen und Schüler - zollte sie vielfachen Dank.
Ob 20 Jahre Zille ein Grund zum Feiern sei, fragte Landrat Stephan Manke sich und die Vernissage-Gäste und dankte den Schülern dafür, dass sie das Thema aus dem Dunkel geholt und den Mut hatten, es aufzugreifen. In Deutschland, so der Landrat, der das Foyer des Kreishauses für die Ausstellung zur Verfügung stellte, sind immerhin fast 20 Prozent der Bevölkerung von Armut bedroht. In Goslar ist das nicht anders und so gibt es neben denen, die auf der Straße leben und bei denen Armut offensichtlich ist, eben auch die, die arm im Verborgenen leben und sich nichts leisten können. Kindern, die von Armut betroffen sind, fehlen wichtige Erfahrungen, beklagte Manke, sie sind weniger gesund als ihre Altersgenossen und sie machen schlechtere Schulabschlüsse. Es sei wichtig, das Thema nicht zu verschweigen, sagte er und forderte dazu auf, darüber zu reden und andere von dessen Wichtigkeit zu überzeugen. Die Stadt Goslar, Oberbürgermeister Henning Binnewies hat die Schirmherrschaft für die Ausstellung übernommen, und der Landkreis Goslar nähmen das Thema sehr ernst, versicherte der Landrat. Oberstudiendirektor Steinecke (Ratsgymnasium) gab zu bedenken, dass die Suche nach Ursachen und Lösungsstrategien für das Thema Armut voraussetze, dass man sie wahrnähme. Die Ausstellung bietet dazu die beste Gelegenheit und dürfte zu Gedanken Anlass geben.